Von Arkadius Schier | Fraunhofer IML – Mit dem Forschungs- und dem Anwendungszentrum entstehen zwei Versuchsumfelder, die aufgrund ihrer durchgängigen digitalen Abbildung (»100% digitalisierte, aber nicht menschenleere Fabrik«) erstmalig Innovationen der hybriden Dienstleistung und der Mensch-Maschine-Interaktion allumfassend im realitätsnahen industriellen Einsatz erforschen, evaluieren und weiterentwickeln.
Unsere Versuchsumfelder dienen als Referenzsysteme, um die Qualität von Technologieinnovationen, Steuerungsalgorithmen oder ERP-Systemen zu messen und in Langzeittests zu evaluieren.
Im Rahmen des Innovationslabors werden zwei unterschiedliche Orte für die praktische Erprobung realisiert: ein Forschungs- und ein Anwendungszentrum. Innerhalb der beiden Hallen wird mit Fokus auf die Arbeit der Zukunft die gesamte intralogistische Prozesskette abgebildet. Über anwendungsnahe Demonstratoren lassen sich prozessübergreifende Lösungen und Innovationen am »lebenden Objekt« testen. Beide Versuchsumfelder dienen als Referenzsysteme, um die Qualität von Technologieinnovationen, Steuerungsalgorithmen oder ERP-Systemen zu messen und in Langzeittests zu evaluieren. Somit wird es u.a. Unternehmen in Transferprojekten möglich, nicht nur eigene Innovationen weiterzuentwickeln, sondern auch andere Technologien in einem Benchmark zu bewerten und auf die Eignung in der industriellen Dienstleistung zu überprüfen.
Das Forschungszentrum dient der experimentellen – grundlegenden – Erprobung von neuen Methoden und Technologien. Ausgestattet mit einer Vielzahl von frei konfigurierbaren und flexibel anpassbaren Versuchsequipments dient es der initialen und experimentellen Erprobung sowie der Evaluierung der technischen Machbarkeit. Es beinhaltet dabei kaum fest verbaute Versuchsstände. Eine Vielzahl autonomer Akteure setzen sich ad-hoc und dezentral gesteuert zu temporären Verbänden zusammen, um gemeinsam logistische Dienstleistungen zu erbringen. Dabei kommt der Mensch-Maschine-Interaktion und der Schnittstelle von manuellen und digitalen Prozessen eine besondere Rolle zu. Das Raumkonzept der Halle orientiert sich an einer Nutzung im dreidimensionalen Raum, d. h. alle Messinstallationen und weiteren Systeme sind daraufhin ausgewählt und geplant worden. Es soll möglich sein, eine große Zahl unterschiedlichster Akteure gleichzeitig untersuchen zu können (z. B. Menschen am Boden, Drohnen in der Luft, dazwischen Roboterfahrzeuge und Internet of Things-Devices).
Im Unterschied hierzu liegt der Fokus des Anwendungszentrums auf der praxis-realen Demonstration von neuen Methoden und Technologien im Sinne eines Living Labs. Dabei finden die im Forschungszentrum erprobten Erkenntnisse nach und nach Einzug in das Anwendungszentrum und werden dort im betrieblichen Ablauf demonstriert. Im Fokus steht die Integration des Menschen, der mit der physischen, aber auch digitalen Welt tiefergehend verknüpft werden soll.
Unser dynamisches und modulares Konzept ermöglicht den schnellen Austausch bestehender Demonstratoren durch neue technologische Lösungen.
Beispiel Leitstand: Das Supervisory Control Center besteht aus Monitoring- und Assistenzsystemen, die als Mensch-Maschine-Schnittstelle Informationen für den Nutzer filtern und aufbereiten. So wird dem Menschen die Möglichkeit gegeben, sowohl über zentrale als auch über dezentrale Devices in Ausnahmesituationen und Störfällen in die automatisierten, autonomen Prozessabläufe einzugreifen. Zusätzlich bietet das Supervisory Control Center durch die Zusammenführung aller planungs- und steuerungsrelevanten Informationen, die Möglichkeit der antizipativen Planung. Der Mensch wird durch Verknüpfungen mit Prognoseverfahren und Methoden der Simulation befähigt, geplante Maßnahmen noch vor ihrer Einleitung situationsabhängig zu bewerten. Das Supervisory Control Center unterstützt ihn sowohl bei der operativen als auch bei der strategischen Entscheidungsfindung. Mittels mobiler Devices ist das Supervisory Control Center nicht nur dem Nutzer auf dem gesamten Shopfloor, sondern auch dem Überwacher außerhalb des Lagers zugänglich. Für die Informationsdarstellung können entsprechend der informatorischen Belastungstypen individuell verschiedene Devices zum Einsatz kommen (z. B. Coaster, Datenbrille, Tablet, Smartwatch).
Forschungs- und Anwendungszentrum können jederzeit flexibel auf unterschiedliche Versuchsanordnungen angepasst werden. Das dynamische und modulare Konzept ermöglicht den schnellen Austausch bestehender Demonstratoren durch neue technologische Lösungen.
Dortmund, März 2017
Über den Autor
Arkadius Schier, wissenschaftlicher Mitarbeiter am Fraunhofer-Institut für Materialfluss und Logistik IML, ist Leiter des Projekts Innovationslabor Hybride Dienstleistungen in der Logistik.